oculatusverlag.de
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Das mit den Abmessungen 20 × 27 Zentimeter bei 456 Seiten recht umfangreiche und inhaltsvolle Buch – die Seiten sind bis weit an den Rand bedruckt und reich mit Bildern versehen – hält sich in seiner Aufteilung an die klassischen Gepflogenheiten eines Fachbuches. Nach einem Vorwort und einer Einleitung, welche die Sichtweise des Autors auf die Fische und die Haltung in Aquarien aus verschiedenen Ecken beleuchtet, schließt sich ein recht langes und ausführliches Kapitel über die Haltung von Kaltwasserfischen an. In diesem gut 50 Seiten langen Abschnitt geht der Autor auf die Grundzüge der Haltung von Fischen im Zimmer und im Freiland ein. Aus der Vielfalt der Möglichkeiten, Fische auch zumindest zeitweise im Freien zu halten, kann der neugierige Aquarianer viele Impulse sammeln – toll gemacht!

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Der Abschnitt über Wasserparameter hätte hier aber gerne kürzer sein können, zudem einige alte Fehler aus anderen Werken dort wiedergegeben wurden und bei nicht wenigen Fischen nicht weiter auf diese eingegangen wird (Fische sind sehr anpassungsfähig). Als Beispiel seien hier die Ausführungen zu den Gasen im Wasser genannt und die Behauptung, Kohlendioxid würde sich – da schwerer als Luft – auf der Wasseroberfläche ansammeln. Da diese Aussage nicht mit Literaturzitaten belegt ist (für mich als Wissenschaftler wahrscheinlich sehr viel wichtiger als für die weitaus meisten interessierten Leser), kann ich auch nicht nachprüfen, woher diese Aussage kommt. Aber das waren schon die einzigen Kritikpunkte. Es sei auch darauf hingewiesen, dass der Autor auf der Verlagshomepage unter http://www.oculatusverlag.de/Literatur.html ein umfangreiches Literaturverzeichnis zum Herunterladen angeboten hat.

Kommen wir zum Artenteil. Wer jetzt erwartet, nur was über einheimische Kaltwasserfische zu lesen, wird sehr angenehm überrascht werden. Fische aus Europa, Asien, Süd- und Nordamerika nehmen den größten Teil ein. Und hier findet sich vom südeuropäischen eierlegenden Zahnkarpfen bis zur nordamerikanischen Fundulus - Art das eine oder andere vivaristische Juwel. Aber nicht nur Killifischfreunde sondern auch Freunde von Labyrinthfischen, Schmerlen, lebendgebärenden Zahnkarpfen, ja sogar Buntbarschen kommen ganz sicher auf ihre Kosten. Das Tolle an den Artbeschreibungen ist die Tatsache, dass diese recht ausführlich sind und sich nicht an starre stichpunktartige Schemata halten. So geraten einige der knapp 80 Beschreibungen etwas kürzer und andere dafür länger. Einen Anspruch auf Vollständigkeit bei der Aufzählung der Arten erhebt der Autor sowieso nicht. Im dritten Teil des Buches geht der Autor auf den Sinn und Zweck der Arterhaltung bzw. der Erhaltungszuchten ein und bewertet diese aus seiner persönlichen Sicht. Dieser Teil zusammen mit dem Abschnitt über Faunenverfälschungen und Neozoen, sachlich und ohne den Zeigefinger auf andere zu richten, geschrieben, hat mir einmal mehr bewusst gemacht, welche Schätze wir eigentlich mit einem lang über mehrere Generationen gepflegten Stamm in unseren Aquarien haben. Und wie oft wir Neuigkeiten hinterherrennen. Mir hat das Buch sehr gut gefallen. Ich kann es jedem, der gerne mal die ausgetretenen Pfade der konventionellen Warmwasser- oder Regelheizeraquaristik verlassen möchte, bedingungslos empfehlen.

 

Stefan K. Hetz, Berlin