oculatusverlag.de
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 Das Buch gliedert sich in vier Teile. Eine kurzweilige und unkonventionelle Einführung, die beschreibt, warum dieses Buch bisher gefehlt hat, wie die Artenauswahl getroffen wurde und auf welcher Wissensgrundlage es basiert. Eine rote Linie, die hier beginnt und sich bis zum Schluss durchzieht ist das Thema artgerechte Haltung, die aus vielen verschiedenen Perspektiven betrachtet bzw. beschrieben wird. Der Teil Haltung umfasst etwa 50 Seiten und beschreibt alle wesentlichen Aspekte der Haltung (z.B. Merkmale der Kaltwasseraquaristik, Beschaffung der Tiere, Temperatur, Wasser, Freilandhaltung, Überwinterung, Ernährung, Wachstum, Fortpflanzung, technische Anforderungen), die nicht einfach runtergeschrieben sind, sondern mit vielen Beispielen und Zusammenhängen aus den verschiedensten Bereichen der Fischbiologie veranschaulicht werden.

Im dritten Teil folgen die Artenbeschreibungen, nach Kontinenten gegliedert: Europa (22 Arten), Asien (16 Arten), Nordamerika (27 Arten), Mittel- und Südamerika (11 Arten). Sie umfassen zwischen 2 und 8 Seiten Text mit zumeist zahlreichen Fotos. Der Ausdruck „Fischbilder“, den Krönke wählt (s. 18) - also die textliche Beschreibung einer Fischart im Sinne einer Momentaufnahme, die zwar viel zeigt, aber nie endgültig oder allumfassend ist -, hat mir gut gefallen und trifft die Sache im Kern. Sie beschreiben nach einem einheitlichen Schema und gliedern jede Artbeschreibung in zwei Teile. Im ersten allgemeinen Teil werden Angaben zur Verbreitung, den wesentlichen Merkmalen, ähnlichen Arten, Besonderheiten des Lebensraums und Wissenswertes geliefert. Unter dem letztgenannten Punkt verbirgt sich eine Vielzahl unterschiedlicher Angaben, z.B. zum Verhalten, der Biologie, der Ökologie, der Gattung, der Herleitung des Namens, der Historie innerhalb der Aquaristik, zur Taxonomie, der Rolle als gebietsfremde Fische außerhalb ihres natürlichen Verbreitungsgebietes. Unter „ähnliche Arten“ werden in der Regel Merkmalsabgrenzungen beschrieben, manchmal aber auch ausführliche Steckbriefe naher verwandter und/oder für die Aquaristik interessanter Arten geboten.

Der zweite Teil einer Artbeschreibung widmet sich der Haltung und gibt Informationen zu
Temperatur und Überwinterung, Raumbedarf, der Einrichtung, den Ansprüchen an die
Beschaffenheit des Wassers, Vergesellschaftung, der Nahrung und der Fortpflanzung. Der
Aspekt Fortpflanzung ist häufig sehr ausführlich und verbindet Aquarienbeobachtungen mit
dem Verhalten im natürlichen Lebensraum. Abschließend („Besondere
Ansprüche/Empfindlichkeiten“) werden zu jeder Artbeschreibung die wichtigsten
Schwierigkeiten genannt, die es zu beachten und im Auge zu behalten gilt.

Im vierten Teil des Buches folgen drei Erörterungen (Hintergründe) zu Themen, die die
Kaltwasseraquaristik direkt betreffen und gleichzeitig auch über sie hinausreichen. Hier erklärt
der Autor in klarer und verständlicher Weise komplexere Zusammenhänge. Es geht darum, was
eine Arterhaltungszucht ist, wann sie sinnvoll ist und in wie weit ich mich als engagierter
Tierhalter für die Erhaltung einer Fischart einsetzen kann. Krönke erklärt die zahlreichen
verschiedenen und daher leicht Verwirrung stiftenden Fachbegriffe, die in diesem
Zusammenhang kursieren und erklärt umfassend, auf welchen Wegen gebietsfremde Tiere ihre
neuen Lebensräume erreichen und warum es einigen von ihnen gelingt, dort fußzufassen.

akfs200pxAn Beispielen bekannter Vertreter wie Karpfen, Goldfisch, Blaubandbärbling oder Sonnenbarsch werden diese Zusammenhänge veranschaulicht. Ausführlich beleuchtet er die Folgen für die Lebensgemeinschaften durch die Verbreitung dieser Eindringlinge. Er mahnt, implizit und explizit - ohne belehrend zu wirken - , keine dieser Fischarten aus Teich oder Aquarium in Park oder freier Natur auszusetzen. Und schließlich werden Flusskrebse, vor allem amerikanische Arten, als gebietsfremde Lebewesen vorgestellt. Einerseits hochinteressante Aquarientiere, andererseits Lebewesen mit einen großen Potenzial sich in europäischen Gewässern anzusiedeln und dort beträchtliche Schäden für Flora und Fauna zu verursachen.

Eine gute Idee war es, das Literaturverzeichnis im Buch auf ein paar Seiten zu begrenzen und die komplette, 97-seitige Literaturliste auf die Homepage auszugliedern. Dort kann man sie sich anschauen oder ganz bzw. je nach Interesse, auch nur in Teilen herunterladen. Über 500 Fotos, in überwiegend hervorragender Qualität, machen das Buch ganz einmalig. Zu einem Großteil handelt es sich um Aquarienfotos, doch anders als in einigen auf dem Markt befindlichen Aquaristikbüchern, sind die Hintergründe und die Gestaltung auf jedem Bild unterschiedlich, sehr ansprechend und häufig nicht als Aquarienaufnahme zu erkennen. Alle Bilder sind farbig, gut ausgeleuchtet und scharf. Einige Bilder aus den natürlichen Lebensräumen runden dieses visuelle Vergnügen ab. Man möchte es gar nicht mehr aus der Hand legen.

Das Buch ist handwerklich sehr solide gemacht. Es gibt Einblicke in viele verschiedene Bereiche der (Kaltwasser-)Aquaristik, spricht Themen an, denen sonst kein Raum gegeben wird. Es ist eine sehr gelungene Mischung aus tollen Bildern, informativen Texten, einem frischen Stil und sehr, sehr vielen und interessanten Informationen. Eine kleine Schwäche des Layout ist Unvollständigkeit der bibliographischen Angaben, in denen das Erscheinungsjahr nicht genannt ist. Es lautet 2015. Alles in allem ein uneingeschränkt empfehlenswertes Buch, dass Maßstäbe setzt.

Auch die dazugehörige Homepage http://oculatusverlag.de/ liegt in Stil und Qualität auf derselben Linie wie das Buch und macht Spaß sich anzuschauen. Das Inhaltsverzeichnis, sowie exemplarische Artenbeschreibungen sind dort anzusehen.

Peter Pretor, Rösrath